Gottfried Benn wurde am 2. Mai 1886 in Mansfeld in Brandenburg als Sohn eines evangelischen Pfarrers geboren.
Gottfried Benn war einer der bedeutendsten deutschen Schriftsteller und Dichter des 20. Jahrhunderts.
Benn gilt neben Georg Trakl und Georg Heym als einer der bedeutendsten Dichter der literarischen Epoche des Expressionismus.
Er gilt als Dichter der Moderne zwischen Nihilismus und Neuer Sachlichkeit
sowie als unpolitischer Ästhet.
Benn passte ganz gut zu dem geistigen Expressionismus, der zu Beginn des 20. Jahrhunderts tonangebend in der Lyrik war. Der Mitbegründer des literarischen deutschen Expressionismus stellte zu Beginn des 20. Jahrhunderts die herkömmliche Vorstellung
von Lyrik radikal in Frage. Seine Darstellung der Banalität und Vergänglichkeit der menschlichen Existenz war eine echte Provokation.
Der dichtende Arzt Benn hat mit seinem geistigen Expressionismus den kalten Hauch der Medizin und die kalte medizinische Terminologie in die Lyrik gebracht.
Als angehender Pathologe und Arzt für Haut- und Geschlechtskrankheiten veröffentlichte er 1912 seine erste Gedichtsammlung »Morgue«.
Darin zeichnete er die Welt als "Krebsbaracke" und versetzte der Zivilisation vor dem Ersten Weltkrieg einen Stoss.
Dieser Band wurde von der Avantgarde gefeiert, da er die herkömmliche Form der Lyrik inhaltlich und durch
seinen Umgang mit der Sprache radikal in Frage stellte.
Seine schonungslos genauen Beschreibungen von Krankheit und Tod provozierten,
aber sie faszinierten bei aller Kälte der Beobachtung durch die Form, die surreale Sprache mit ihrer Sogwirkung.
Die Gedichte dieser Sammlung hatten einen bestimmenden Einfluss auf die expressionistische deutsche Lyrik.
Dies gilt auch für die Novellensammlung "Gehirne", die um den Arzt Dr. Rönne, ein Alter Ego Benns, kreisen.
1930 schrieb er zusammen mit dem Komponisten Paul Hindemith das Oratorium »Das Unaufhörliche«.
Benn traute allein der Dichtung, nicht zuletzt seiner eigenen, die Kraft der Erlösung zu -
symptomatisch hierfür ist sein Diktum: "Am Anfang war das Wort und es wird auch am Ende sein."
An ein persönliches Glück glaubte der Melancholiker Benn dagegen nicht,
geschweige denn an einen Sinn der Geschichte.
Wie viele Dichter hatte auch Benn als unpolitischer Ästhet keine glückliche politische Haltung eingenommen.
Sein antibürgerliches und anti-kapitalistisches Ressentiment hat Benn dazu verleitet, einen autoritären Staat und sogar terroristische Gewalt zu bejahen.
Benn war nicht nur ein stiller Sympathisant, sondern ein willfähriger Diener, der die Politik Hitlers vor allem durch Radio-Essays tatkräftig unterstützte.
Nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten dann der Sündenfall: Benn bejahte den neuen Staat und hielt Hitler für einen grossen Staatsmann.
Der Dichter der Moderne diente sich den Nazis an und verhöhnte die Emigranten.
Benn ließ im Jahr 1933 zu einer uneinsichtigen Auffassung hinreißen und bereute es ein Jahr später bitter:
Im "Dritten Reich" sah er zunächst den Aufbruch in ein Zeitalter, in dem sich endlich das Elementare wieder Bahn bricht.
Anders als Ernst Jünger, der sich 1933 allen nationalen Appellen in die Provinz entzog, meinte ausgerechnet der unpolitische Ästhet und Kassenarzt Gottfried Benn 1933 die Geschichte» sprechen zu hören.
»Halte dich nicht auf mit Widerlegungen und Worten, habe Mangel an Versöhnung, schließe die Tore, baue den Staat!«,
trompetete er 1933 ins nationalsozialistische Horn. Überraschend für alle literarischen Zeitgenossen der Weimarer Zeit war der kalte Intellektualist
Benn in die Fänge der warmen Volksgemeinschaft geraten.
Benn hatte sich in einer Rundfunkansprache im April 1933 für den neuen deutschen Staat ausgesprochen, zu dem es, nach dem Debakel der Weimarer Republik, keine politische Alternative gab.
Mit seiner unkritischen Einstellung zum Nationalsozialismus diskredierte er seinen Ruf.
Nach seinem politischen Fehltritt gab Benn, der eine militärärztliche Ausbildung erhalten hatte,
1935 seine private Praxis für Haut- und Geschlechtskrankheiten auf und kehrte zur Armee zurück - für ihn war dies "die aristokratische Form der Emigration".
Nachdem Benn selber 1936 von den Nazis attackiert und später mit Schreibverbot belegt wurde,
wandte er sich schon bald vom Nationalsozialismus ab und ging er in die innere Emigration.
1938 wurde Benn aus der Reichsschrifttumskammer ausgeschlossen und erhielt Schreibverbot.
Obwohl er sich schon bald vom Nationalsozialismus abwandte und diesen in Briefen kritisierte, ist der Vorwurf der politischen Blindheit für die Einschätzung seiner Bedeutung gravierend gewesen.
1945 kehrte der Arzt und Lyriker Benn nach Berlin zurück und begann wieder mit seiner Tätigkeit als Arzt. Seine Frau Herta hatte sich am 2. Juli auf der Flucht vor den eindringenden russischen Truppen das Leben genommen.
Seit dem Herbst 1948 durfte Benn wieder in Deutschland veröffentlichen; zuerst erschien jedoch im Schweizer Arche-Verlag der Band »Statische Gedichte«.
Der Verleger Max Niedermayer hatte die Druckerlaubnis in Deutschland erwirken können.
In den folgenden Jahren der frühen Bundesrepublik erlebte der Lyriker Benn einen rasanten Aufstieg. Benn wurde zum gefeierten Star.
1949 erschienen vier Bücher von Benn. Mit der Verleihung des Büchner-Preises 1951 fand seine Karriere ihren vorläufigen Höhepunkt.
Der dichtende Doktor Benn erlebte erst 1948 mit der in der Schweiz erschienene Gedichtsammlung »Statische Gedichte«, gefolgt von »Der Ptolemäer« (1949), den wirklichen Durchbruch.
Die Gedichtsammlung »Statische Gedichte« begründete seinen späten Ruhm.
Im Literaturbetrieb der Adenauer-Zeit nahm Benn durch seine Publikationen eine Sonderstellung ein.
Gottfried Benn litt seit Beginn des Jahres 1956 sehr unter Schmerzen, deren Ursache jedoch erst kurz vor seinem Tod eindeutig festgestellt wurde (Knochenkrebs).
Er starb nur wenige Wochen nach seinem 70. Geburtstag am 7. Juli 1956 in Berlin und liegt auf dem Waldfriedhof in Berlin-Dahlem begraben.
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